Abschied aus Ratzeburg: „Adams Acht“ kommt in einem Jahr in die Kinos

Nach neun Drehtagen für den Kinofilm um die Geburtsstunde des Deutschland-Achters mit dem Olympiasieg 1960 in Rom unter „Ruderprofessor“ Karl Adam hat sich das Produktionsteam vom Originalschauplatz Ratzeburg verabschiedet. Weitergedreht wird nun bis 25. September in Bratislava (Slowakei). Am 10. September nächsten Jahres plant der Majestic-Filmverleih, „Adams Acht“ in die Kinos bringen. Regisseur Hannu Salonen, der schon Boris Beckers Aufstieg verfilmt hat, verspricht ein packendes Drama auf zeithistorischer Grundlage und Produzent Ivo-Alexander Beck gleichzeitig auch spektakuläre „Bilder, wie es sie vom Rudern noch nie gegeben hat“.

Hans Lenk im inneren Konflikt

„Adams Acht“ erzählt, wie es vom beschaulichen Ratzeburg aus zur sportlichen Sensation in Rom kommen konnte. Mit drei Hauptfiguren. Karl Adam natürlich, dem Gymnasiallehrer, der selbst nie in einem Ruderboot gesessen hatte und als Trainer „mit seinen unkonventionellen Ideen, technischen Innovationen und neuartigen Trainingsmethoden“ (Presseheft) zunächst belächelt worden war. Dann Hans Lenk, dem Bugmann des Achters, der in einem inneren Konflikt gerät, weil er nur im Westen rudern kann, seine große Liebe Ulla aber hinter der wenige Kilometer entfernten Grenze zur DDR lebt. Lenk entwickelte sich parallel zu seiner sportlichen Laufbahn zu einem der profiliertesten deutschen Intellektuellen seiner Generation. Er sei, so heißt es, bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr intensiv an der Entwicklung des Drehbuchs beteiligt gewesen. Die dramaturgische Verdichtung seiner Liebesgeschichte für den Film habe er verstanden und akzeptiert.

Oliver Masucci spielt Karl Adam

Die Besetzung des Films klingt vielversprechend. Karl Adam wird verkörpert von Oliver Masucci, einem der bekanntesten Schauspieler in Deutschland, spätestens seit seiner Hauptrolle in der Netflix-Erfolgsserie „Dark“. Klaus Bittner, 86 Jahre alt und der letzte noch lebende Sportler aus dem Rom-Achter, hat Oliver Masucci in Adam-Maske mit der typischen Schiebermütze am Set im Bootshaus des Ratzeburger Ruderclubs zum Austausch getroffen. Die Rolle des Hans Lenk spielt Felix Kammerer, der mit der Rolle des jungen Soldaten Paul Bäumer in der Verfilmung von „Im Westen nichts Neues“ seinen internationalen Durchbruch feierte. Als Ulla ist Svenja Jung („Deutschland ´89“, „Die Kaiserin“) zu sehen. Mit Axel Milberg und Heino Ferch sind weitere bekannte Schauspieler dabei.

Viele echte Ruderer in den Holzbooten

Sehr wichtig für die Authentizität des Films ist, dass eine Menge von waschechten Ruderern in den Booten sitzen. Im Film werden fünf Original-Holzboote verwendet. Lingolf von Lingelsheim, früherer Vorsitzender des Ratzeburger Ruder-Clubs, hatte sie im Laufe vieler Jahre zusammengetragen und restauriert. Im Gold-Achter rudern neben drei Schauspielern mit Leon Kleinschmidt, Jakob Schmölzer, Till Neumann, Oscar Krause und Moritz Wolff fünf Ruderer, die allesamt im Nachwuchsbereich erfolgreich waren und sind. Mit Wolff ist sogar ein Teilnehmer der Olympischen Spiele von Paris an Bord, der mittlerweile erfolgreich zum Coastal-Rudern gewechselt ist und die Rolle des Karl-Heinz Hopp verkörpert.

Der Küchensee als Lago Albano

Ein Kernpunkt der Dreharbeiten war das Nachstellen des olympischen Achter-Finales vom 3. September 1960. Der Küchensee wurde zum römischen Lago Albano, die entsprechenden Hintergründe werden später digital eingefügt. Mario Woldt, Leiter des Bundesstützpunkts und der Ruderakademie in Ratzeburg, trommelte zusammen mit Lauritz Schoof für Dienstag vergangener Woche eine illustre Schar von ehemaligen Spitzenruderern zusammen, die in das historische Großboot kletterten und als schärfster Rivale Kanada agierten. „Alles Freunde und gute Bekannte, die sich für einen Tag freimachen konnten“, sagt Schoof (34). Neben dem Olympiasieger von 2012 und 2016 im Doppelvierer machten Florian Mennigen (43/2012 Olympiasieger im Achter), Tim Grohmann (36/2012 Olympiasieger im Doppelvierer), Hagen Rothe (35/Junioren-Weltmeister 2007), Leon Evers (34/Junioren-Weltmeister 2008) und Tobias Kühne (48/Olympia-Teilnehmer 2004) mit. Im Boot saß zudem auch Max Appel (29), der Olympia-Fünfte im Doppelvierer von Paris, der seine Laufbahn erst zu Beginn des Jahres aus gesundheitlichen Gründen beendet hatte, und somit noch gut im Saft steht.

Für alle war der Drehtag eine durchaus strapaziöse Angelegenheit. „Im Film geht es nur um den Moment. Wir waren vier Mal draußen und dabei ausschließlich im Sprint unterwegs. Das ist schon grenzwertig, wenn man zehn Jahre oder mehr raus ist aus dem Leistungssport“, berichtet Schoof. Aber die Chance, über einen Kino-Film „gute Publicity“ (Schoof) für ihren Sport zu machen, haben alle gerne genutzt. Zumal sich die Film-Crew als „sehr angenehm und offen“ gezeigt habe.

Produzent: Demokratie lernen als Motto

Produzent Ivo-Alexander Beck von Ninety Minute Film sagte bei einem Pressegespräch im Ratzeburger Rathaus, die Erfolgsgeschichte der Ruderer aus Ratzeburg und Kiel sei nur ein Teil dessen, was „Adams Acht“ relevant mache. Derzeit werde in der deutschen Gesellschaft mehr übereinander als miteinander geredet. „Dabei sitzen wir – ganz buchstäblich – im selben Boot.“ Deshalb trage der Film das Leitmotiv „Demokratie lernen“. Die jungen Protagonisten müssten genau das, miteinander statt gegeneinander zu kämpfen. „Sie stammen aus verschiedenen sozialen und politischen Milieus, begegnen sich mit Vorurteilen, lernen aber Teamgeist, Toleranz und Verantwortung. Ihr Weg führt vom abgelegenen Schleswig-Holstein auf die internationale Bühne – gegen alle Widerstände, mit Mut, Disziplin und Leidenschaft“, sagte Beck. Mit dem Rückhalt der deutschen Ruder-Community, der Stadt Ratzeburg und engagierten privaten Investoren habe man die Chance, mit „Adams Acht“ ein bewegendes und relevantes Kinoerlebnis zu schaffen.

Hall of Fame: Experten geben Empfehlung ab

Unabhängig von seinen Verdiensten um das deutsche Rudern wird die Rolle von Karl Adam in der NS-Zeit mittlerweile auch kritisch gesehen. Seine Tätigkeit als Lehrer in der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt (Napola) nahm der DRV zum Anlass, einen nach Adam benannten Preis für den schnellsten Achter bei deutschen Meisterschaften nicht mehr zu vergeben. Die „Napolas“ waren staatliche Internatsschulen, in denen Schüler „arischer Abstammung“ nationalsozialistisch erzogen und auf Führungsaufgaben vorbereitet werden sollten.

Karl Adam ist eine von drei Persönlichkeiten, deren Mitgliedschaft in der virtuellen Hall of Fame des deutschen Sports wegen ihrer Beziehungen zum NS-Regime derzeit überdacht wird. Ihre Biografien auf der Webseite der Hall of Fame sind bereits ergänzt worden. Am 15. September wird eine Kommission von fünf Sporthistorikern bei einer Pressekonferenz in Berlin dazu eine Empfehlung abgeben. Die Entscheidung über einen eventuellen Ausschluss bleibt einer Jury vorbehalten, die zum Großteil aus den lebenden Mitgliedern der Hall of Fame besteht. Ausgeschlossene Mitglieder der Hall of Fame würden in einer Sonderkategorie weiter auf der Webseite enthalten bleiben.

Die Hall of Fame des deutschen Sports führt derzeit 131 Persönlichkeiten auf. Sie wird von Deutschen Olympischen Sportbund, der Stiftung Deutsche Sporthilfe und dem Verband Deutscher Sportjournalisten gleichermaßen getragen.

Quelle: rudern.de